Aktivismus und Abhängigkeiten: Colin Kaepernick, Nike und Kommerzialisierung
Alexander Rothenberg
BCDSS PhD Researcher
2016 kniete Colin Kaepernick während der US-Nationalhymne, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. Diese Geste löste eine kontroverse Debatte aus, die seine Karriere beendete, aber eine breite Diskussion über Rassismus entfachte. Der Nike-Konzern benutzte Kaepernick 2018 für eine Werbekampagne, die wiederum Kritik hervorrief, da sie im Widerspruch zu den oft schlechten Arbeitsbedingungen in der Praxis stand.
Im Jahr 2016 kniete Colin Kaepernick, der als Quarterback in der US-Nationalmannschaft im Amerikanischen Football (NFL) spielt, während der Nationalhymne vor einem Spiel nieder (Abb. 1). Damit zeigte er seinen Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA. Diese Geste sorgte für große Aufregung. Viele Menschen unterstützten ihn und sahen darin einen mutigen Schritt gegen Ungerechtigkeit. Andere, darunter auch der damalige Präsident Donald Trump, kritisierten ihn scharf und empfanden es als respektlos gegenüber der Flagge und den Soldaten des Landes. Aufgrund seines Protests verlor Kaepernick schließlich seinen Platz in der NFL, da ihn kein Team mehr verpflichtete. Nichtsdestotrotz löste sein Protest eine breite Diskussion über Rassismus im Sport und in der Gesellschaft aus und beeinflusste auch die Black-Lives-Matter-Bewegung (Abb. 2).
Abb. 1: Eli Harold (#58), Colin Kaepernick (#7) und Eric Reid (#35) von den San Francisco 49ers knien während der Nationalhymne vor dem Spiel gegen die Tampa Bay Buccaneers im Levi’s Stadium am 23. Oktober 2016 in Santa Clara, Kalifornien (Foto: GettyImages 618780874, Lizenz 2024).
Abb. 2: Demonstrant*innen der Black-Lives-Matter-Bewegung knien nieder, so wie schon Kaepernick es getan hatte, als Zeichen ihres Protests am 2. Juni 2020 in Los Angeles, Kalifornien, gegen Rassismus und Polizeigewalt nach dem Mord an George Floyd vom Mai jenes Jahres (Foto: Shutterstock-ID: 1777100639, Lizenz 2024).
2018 startete Nike eine Werbekampagne mit Kaepernicks Gesicht und den Worten: „Glaube an etwas. Auch wenn es bedeutet, alles zu opfern.“ (https://publish.twitter.com/?query=https%3A%2F%2Ftwitter.com%2FKaepernick7%2Fstatus%2F1036695513251434498&theme=light&widget=Tweet). Die Kampagne wurde sowohl gelobt als auch kritisiert. Ein Teil der Kritik zielte auf die Herstellung der Produkte ab. Denn die oft schlechten Arbeitsbedingungen und/oder niedrigen Löhne stehen im Widerspruch zur Glitzerwelt des Sportbusiness. Nike wurde in der Vergangenheit (wie viele andere Modemarken auch) mit Sweatshops, Zwangs- und Kinderarbeit sowie Umweltverschmutzung in Zusammenhang gebracht (Abb. 3).
Abb. 3: Arbeiterinnen einer Nähfabrik in Bandung, West Java, Indonesien. Die Stadt Bandung (wie die gesamte Insel Java) spielt eine bedeutende Rolle in der globalen Bekleidungsproduktion, da sie als wichtiger Standort für Textil- und Modeherstellung bekannt ist und viele internationale Marken beliefert (Foto: 2023. Shutterstock-ID: 2487997465, Lizenz 2024).
Die „Kampagne für saubere Kleidung“ setzt sich dafür ein, dass Menschen, die Kleidung herstellen, unter fairen Bedingungen arbeiten können. Sie kämpft gegen Ausbeutung und fordert, dass Kleidung nicht auf Kosten der Arbeiter*innen produziert wird. Ganz aktuell laufen weitere Kampagnen, die Nike auffordern, versäumte Löhne und Abfindungen zu zahlen, und von Adidas fordern, mindestens existenzsichernde Löhne zu zahlen (www.saubere-kleidung.de). In diesem Zusammenhang ist auch das aktuell diskutierte Lieferkettengesetz wichtig. Es verpflichtet Unternehmen, Verantwortung für die gesamten Herstellungsprozesse ihrer Produkte zu übernehmen und sicherzustellen, dass Menschenrechte und Umweltstandards entlang der vollständigen Lieferkette eingehalten werden.
Weiterführende Literatur
Marcketti, Sara und Karpova, Elena (Hrsg.), 2020. The Dangers of Fashion: Towards Ethical and Sustainable Solutions. Bloomsbury: London.
Marston, S.B., 2021. The Episodic Kneel: Racial Neoliberalism, Civility, and the Media Circulation of Colin Kaepernick, 2017–2020. Race Soc Probl 13, 205–214.
Rothenberg, Alexander, erscheint 2024. Elitesklavereien und Profifußball. (Dis)Kontinuitäten in der Produktion von Elitekörpern. De Gruyter: Berlin.