Resist! Die Reservetechnik: Blaudruck mit Indigo und Gummiarabikum
Jutta Wimmler
BCDSS Research Group Leader
Blaue Leinen- und Baumwollstoffe mit weißen Motiven waren in der frühen Neuzeit vor allem in Zentral- und Osteuropa sehr beliebt. Sie wurden mit einer speziellen Art des Blockdrucks, der sogenannten Reservetechnik, hergestellt. Die dafür benötigten Färbematerialien stammten aus der Karibik und der Region Senegal/Mauretanien und wurden von versklavten Menschen extrahiert.
Abb. 1: Steinauer Blaudruck: Druckstock, Mitte 18. Jahrhundert (Foto: W. Möbius, 1954 © Deutsche Fotothek).
In vielen Regionen der Welt entwickelten Textilhandwerker*innen sogenannte Reservetechniken. Eines der bekanntesten Beispiele ist die indonesische Batik-Technik: Dabei wird ein Muster mit Wachs auf den Stoff aufgetragen. Anschließend wird der Stoff eingefärbt. Wenn das Wachs später entfernt wird, bleiben die zuvor bedeckten Bereiche weiß, während der Rest des Stoffs farbig ist.
Abb. 2: Blaudruck mit einem historischen Druckstempel. Färberwerkstatt H. Fischer, Neukirch/Lausitz (Foto: G. Heinrich, 1940 © Deutsche Fotothek).
Abb. 3: Steinauer Blaudruck: gefärbter Stoff (Foto: W. Möbius, 1954 © Deutsche Fotothek).
Im Europa des 17. Jahrhunderts entstand eine Variante dieser Technik, der sogenannte Reservedruck, eine Art Textildruck. Dabei trägt man eine Paste auf einen Holzblock (Model) auf, in den ein Muster eingraviert wurde. Dann drückt man die Paste mithilfe des Models auf den Stoff – wie mit einem Stempel. Der Stoff wird anschließend in die Farbe getaucht. Nach dem Trocknen wird die Paste entfernt. Übrig bleibt ein farbiger Stoff mit weißem Muster. Das berühmteste Beispiel für diese Technik stellt der sogenannte Blaudruck dar, der im 17. und 18. Jahrhundert vor allem in Mittel- und Osteuropa beliebt war. Zunächst druckte man auf Leinen, das in dieser Region leicht erhältlich war. Als die Verfügbarkeit von Baumwolle zunahm, begann man, auch auf Textilien zu drucken, die aus einer Kombination von Baumwolle und Leinen bestanden. Neben dem Druckstock (Model) und dem Stoff benötigten die Handwerker*innen zwei Dinge für einen Blaudruck: Indigo für die Farbe und Gummiarabikum für die Paste. Im 17./18. Jahrhundert kam Indigo hauptsächlich von den karibischen Inseln nach Europa, während Gummiarabikum vorwiegend aus dem Senegal und Mauretanien importiert wurde. Beide Materialien wurden von versklavten Menschen angebaut, geerntet, transportiert und zum Teil auch weiterverarbeitet.
Abb. 4 a + b: Historischer Druckstock mit Abdruck aus dem Bestand der Blaudruckerei Folprecht-Pscheida in Coswig/Sachsen, Model Nr. 122 (Fotos: H. Folprecht-Pscheida, 2024).
Weiterführende Literatur
Bauer, P. M. 1984. Indigo: Die Kunst des Blaudrucks. Weitra: Bibliothek der Provinz, 1997.
Koch, J. H. 1984. Mit Model, Krapp und Indigo: Vom alten Handdruck auf Kattun und Leinwand. Hamburg: Christians.
Überrück, A. 2008. Die christlichen Motive des Blaudrucks: Spiegel der Volksfrömmigkeit in Deutschland vom Ende des 17. Jahrhunderts bis heute. Berlin: LIT.
Walravens, H. (ed.). 1993. Ein blaues Wunder: Blaudruck in Europa und Japan. Berlin: Akademie Verlag.
Wimmler, Jutta. 2019. “From Senegal to Augsburg: Gum Arabic and the Central European Textile Industry in the Eighteenth Century.” Textile History 50 (1): 4–22.