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Verstrickt und verwoben:texturen der abhängickeit

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Eliza Lucas Pinckney: Pionierin des Indigoanbaus?

Beatrix Hoffmann-Ihde
BCDSS Exhibition Curator

Eliza Lucas Pinckney (1722–1793) gilt in South Carolina/USA als Pionierin der Agrarentwicklung und wurde daher 1989 als erste Frau in die South Carolina Business Hall of Fame aufgenommen (Abb. 1). Ihr wird das Verdienst zugeschrieben, Mitte des 18. Jahrhunderts den Anbau von Indigo und dessen Verarbeitung zu Farbstoff maßgeblich vorangetrieben zu haben. Durch den Export von Indigo nach Großbritannien befreite sich South Carolina wirtschaftlich aus seiner starken Abhängigkeit von der Reisproduktion. Doch der einseitig auf die Pionierin gerichtete Fokus blendet die asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen und die darin eingebundenen Menschen vollkommen aus. Es waren Arbeit und Kenntnisse der auf den Plantagen versklavten Menschen, welche die erfolgreiche Indigoproduktion ermöglichten.

Abb. 1: Die Erinnerung an die Familie Pinckney begegnet in South Carolina an vielen Orten und schließt die Anerkennung der Leistungen von Eliza Lukas Pinckney ein: Straßenschild und Hotelreklame in Downtown Charleston (Foto: B. Ihde, 2025).

Experimente mit dem Indigoanbau

Eliza Lucas Pinckney (1722-1793) (Abb. 2) führte in South Carolina ab 1739 die Plantagen ihres Vaters, George Lucas. Dieser wurde, kurz nachdem er mit seiner Familie von Antigua in die junge Kolonie übergesiedelt war, wieder auf die Karibikinsel zurückberufen.

Die erst sechzehnjährige Tochter übernahm nicht nur die Aufsicht über die Verwaltung der drei Plantagen ihres Vaters, sondern begann außerdem auf dessen Anregung oder Wunsch hin, mit dem Anbau verschiedener Pflanzenarten, wie Maniok, Ingwer, Luzerne, Baumwolle und auch Indigo, zu experimentieren (vgl. Brief v. Juli 1740 in Pinckney et al. 1997: 8). In den 1730er Jahren waren solche Experimente unter den Siedler:innen und Plantagenbesitzer:innen South Carolinas weit verbreitet. Sie waren von dem Wunsch und der Notwendigkeit motiviert, sich durch eine Erweiterung der Anbaupalette aus der einseitigen Abhängigkeit vom Reisanbau zu befreien.

Abb. 2: Informationstafel auf der Snee-Farm in der Umgebung von Charleston/South Carolina, die einst im Besitz der Familie Pinckney war und auf der Indigo angebaut wurde. An Eliza Pinckney erinnert das Bild in der rechten oberen Ecke (Foto: B. Ihde, 2025, Bearbeitung: A. Schüßler).

Anfänge des Indigoanbaus in South Carolina

Mit dem Anbau von Indigo wurde in South Carolina bereits seit den Anfängen der europäischen Kolonialisierung experimentiert. Die Versuche konzentrierten sich zunächst auf die heimische Indigoart Indigofera caroliniana. Doch waren die Ergebnisse nicht zufriedenstellend. Der daraus gewonnene Farbstoff war zu schwach und konnte mit der Farbintensität, die andere Arten, wie etwa Indigofera tinctoria und Indigofera sufruticosa, hervorbrachten, nicht konkurrieren. Somit war die heimische Art für Exportzwecke ungeeignet und wurde, wenn überhaupt, nur für den Eigengebrauch angebaut (vgl. Butler 2019: 4). Weitere Versuche konzentrierten sich auf die beiden Arten Indigofera tinctoria und Indigofera sufruticosa, die ursprünglich aus Südasien/Indien bzw. Mittelamerika/Guatemala stammen. Deren Samen gelangten bereits mit den ersten Siedlern in die Region. Bald nach Gründung der Kolonie ging jedoch das Interesse an den Indigoversuchen stark zurück, weil sich Ende des 17. Jahrhunderts Reis als höchst ertragreiche Feldfrucht erwiesen hatte.

Dennoch wurden die Experimente mit dem Anbau von Indigo nie vollständig aufgegeben. Die Erkenntnisse darüber wurden durch persönlichen Austausch und in Publikationen weitergegeben. Robert Stevens (um 1720 gestorben) veröffentlichte beispielsweise 1706 in der South Carolina Gazette eine Beschreibung der Farbstoffgewinnung aus der Indigopflanze (vgl. Butler 2019: 5, FN1). Diese lokalen Kenntnisse über den Anbau und die Verarbeitung von Indigo wurden zudem immer wieder mit zugewandertem Wissen verknüpft. Hierbei mögen die Hugenotten eine Rolle gespielt haben (vgl. Butler 2019: 5). Die französischen Religionsflüchtlinge waren nicht nur in etlichen europäischen Staaten als kenntnisreiche Textilproduzenten, etwa von Seide und Strickwaren, willkommen. Auch die Indigoproduktion in South Carolina könnten sie mit ihren Kenntnissen vorangebracht haben. Aber auch versklavte Menschen, die aus indigoproduzierenden Regionen in Afrika oder aus anderen europäischen Kolonialgebieten, in denen Indigo angebaut wurde, nach South Carolina verschleppt wurden, brachten ihr Wissen mit und gaben es an die Plantagenbesitzer:innen weiter (vgl. Feeser 2024).

Indigoexperimente unter der Leitung von Eliza Lucas Pinckney

Eliza baute also ihre Versuche auf einer bereits vorhandenen Wissensbasis auf und verknüpfte diese mit ihren eigenen Erfahrungen aus der Pflanzenzucht. Diese hatte sie als Kind auf der elterlichen Zuckerrohrplantage erworben und wahrscheinlich während ihrer Schulzeit in England ausgebaut. Ihr Vater unterstützte die Pflanzenexperimente seiner Tochter durch die Bereitstellung von Saatgut und den schriftlichen Austausch über Erfolge und Rückschläge. Einen solchen Austausch führte Eliza Lucas Pinckney aber auch mit ihren Nachbarn, wie dem Hugenotten Andrew Deveaux (Ravenel 1896: 104f; vgl. Butler 2019: 8). Er war im Pflanzenanbau sehr erfahren und gab der jungen Frau Ratschläge für ihre Experimente (Pinckney et al. 1997: xix). Auch Deveaux experimentierte mit dem Anbau von Indigo. Eine Annonce in der South Carolina Gazette von 1745deutet darauf hin, dass er ebenfalls erfolgreich Indigo anbaute, denn er verknüpfte das Verkaufsangebot von Saatgut an das kostenlose Angebot, seine Kenntnisse zum Indigoanbau an potenzielle Käufer weiterzugeben (Pinckney et al. 1997: xix FN13).

Eliza Lucas Pinckney lebte mit ihrer Mutter und Schwester sowie mit zahlreichen versklavten Menschen auf einer Plantage am Wappoo Creek nahe der Hauptstadt Charleston. Dort leitete und überwachte sie die Experimente mit dem Anbau von Indigo. Auf der Green-Hill-Plantage standen diese später unter der Obhut des dortigen Verwalters. Die junge Eliza scheint mit den beiden wichtigsten Indigoarten experimentiert zu haben (vgl. Pinckney et al. 1997: xviii). 1741 erbat sie von ihrem Vater Samen des „westindischen Indigo“ (Pinckney et al. 1997: 16), gleichzeitig nutzte sie aber auch lokal verfügbares Saatgut (Pinckney et al. 1997: xviii) (Abb. 3). Damit dürfte sie Zugriff auf die beiden wichtigsten Indigo-Arten, Indigofera tinctoria und Indigofera sufruticosa, gehabt haben (Abb. 4a + 4b). Die in Guatemala heimische und klimatisch widerstandsfähigere Art Indigofera sufruticosa war es dann, die in South Carolina hauptsächlich für den Export von Indigofarbstoff angebaut wurde.

Abb. 3: Indigosamen (Foto: B. Ihde 2025)

Abb. 4a: Blühende Indigofera tinctoria (Foto: Pancrat, 2014, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Indigofera_tinctoria_jd_plt_Paris.jpg.

Abb. 4b: Indigofera sufruticosa (rechts), auch ‘Anil’ oder ‘Wilder Indigo‘ genannt. Kolorierter Kupferstich aus Johann Friedrich Bertuchs Bilderbuch für Kinder, Weimar 1792. (Florilegius / Alamy Stock Foto).

Wessen Erfolg?

Bereits 1741 sandte George Lucas seiner Tochter einen Experten, der die Farbstoffgewinnung übernehmen und sein Wissen darüber vermitteln sollte (Pinckney et al. 1997: xvii). Der von der Insel Montserrat stammende Nicholas Cromwell erfüllte jedoch nicht die Erwartungen. Weil ihm der erste Versuch misslang und der Farbstoff durch zu viel Kalk unbrauchbar war (Ravenel 1896: 105; Pinckney et al. 1997: xvii), beschuldigte ihn Eliza des Boykotts, um die Indigoproduktion von Montserrat nicht zu gefährden. Möglicherweise war Cromwell aber auch mit den natürlichen Besonderheiten South Carolinas nicht vertraut genug. Denn er hatte zum Einweichen und Fermentieren der Indigoblätter Ziegelbecken errichten lassen. Es ist denkbar, dass der überschüssige Kalk aus dem Baumaterial dieser Becken stammte. Denn ausreichend Lehm für die Ziegelherstellung ist im Tiefland South Carolinas kaum vorhanden. Stattdessen wurde Tabby, eine Art Beton, verwendet, wenn widerstandsfähige Strukturen errichtet werden sollten. Dieser Beton bestand, neben Sand, Wasser und Asche, vor allem aus einem Gemisch von naturbelassenen und zu Kalk verbrannten Austernschalen. Daher ist es möglich, dass es zwischen dem Ferment der Indigoblätter und dem im Tabby enthaltenen Kalk zu einer ungewollten Reaktion kam. George Lucas schrieb infolgedessen an seine Tochter, dass sich Holzbecken zum Einweichen und Fermentieren der Indigoblätter besser eignen würden (vgl. Ravenel 1896: 105).

Infolge seines Misserfolgs wurde Nicholas Cromwell durch seinen Bruder ersetzt. Dieser war offenbar erfolgreicher, denn 1744 konnte eine Indigoprobe zur Prüfung nach London gesandt werden. Sie wurde dort mit dem besten Indigo aus französischer Produktion verglichen und für ebenso gut befunden (Pinckney et al. 1997: xviii). Dies ermutigte viele Plantagenbesitzer, mit dem Indigoanbau fortzufahren. Eliza, inzwischen verheiratete Pinckney, stimulierte diese Bereitschaft, indem sie einen Großteil des geernteten Saatguts an andere Plantagenbesitzer:innen verschenkte.

Wenige Jahre später exportierte South Carolina bereits so viel Indigofarbstoff nach Großbritannien, dass das britische Parlament die Subvention der Indigoproduktion in der nordamerikanischen Kolonie beschloss. Infolgedessen kam es in South Carolina zu einem rasanten Anstieg der Indigoherstellung. Dies verschaffte South Carolina in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die angestrebte ökonomische Unabhängigkeit von der Reisproduktion. Großbritannien hingegen sicherte sich mit der Subventionszusage nahezu die gesamte Indigoproduktion South Carolinas und konnte sich dadurch aus der Abhängigkeit von teuren französischen Importen befreien. Der Gewinn aus der Indigoproduktion machte South Carolina zur reichsten Kolonie Nordamerikas und die Familie Pinckney, in die Eliza eingeheiratet hatte, zu einer der dort reichsten und angesehensten (Abb. 5 + 6).

Abb. 5: Das 1735 errichtete Herrenhaus der Hampton Plantation/South Carolina (Foto: B. Ihde, 2024).

Abb. 6: Blick auf den Wappoo Creek (Foto: B. Ihde, 2025).

Die wahren Held:innen der Geschichte

Wie viel aber des ihr zugeschriebenen Erfolgs geht wirklich auf das Engagement von Eliza Lucas Pinckney zurück? Elizas Zielstrebigkeit, Neugier und wohl auch Systematik bei den Experimenten haben daran sicherlich einen wichtigen Anteil, ebenso wie ihre große Zuversicht, den Anbau von Indigo auf den Plantagen von South Carolina wirtschaftlich erfolgreich zu machen – zum wirtschaftlichen Gewinn für die Kolonie und für Großbritannien. Doch wäre ihr dies nicht ohne die Arbeit der auf den Plantagen ihres Vaters versklavten Menschen gelungen, die nicht nur afrikanische Wurzeln hatten, sondern auch aus lokalen indigenen Gemeinschaften stammten. Sie haben das Projekt schließlich zu einer Erfolgsgeschichte gemacht. Als Versklavte, in asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen eingebunden, führten sie die kräftezehrenden, dreckigen und auch unangenehmen Arbeiten aus: den Indigoanbau von der Vorbereitung der Felder über die Aussaat, Pflege und Ernte der Pflanzen bis hin zur Gewinnung von Saatgut und Farbstoff. Besonders die Farbstoffherstellung war unangenehm und erforderte harte Arbeit, die sofort nach der Ernte der Blätter unter Zeitdruck erfolgen musste. Mit wenigen Ausnahmen, wie etwa des versklavten Mulatten Quash/John Williams, sind die vielen Menschen, die zum Erfolg dieses Unternehmens entscheidend beitrugen, auch heute noch im Dunkel der nicht erzählten Geschichten verborgen. Der auf der Wappoo-Plantage als Schreiner tätige Quash/John Williams baute im zweiten und dann erfolgreichen Versuchsdurchlauf eine große Anzahl von Holzbottichen für die Farbstoffgewinnung (Feeser 2024: 8).

Doch all diese Menschen sind nicht vollständig vergessen. Indigo, die Pflanze und der gleichnamige blaue Farbstoff gehören heute zum kulturellen Erbe der Gullah Geechee–Gesellschaft. Sie sind die Nachfahren der aus Afrika verschleppten und versklavten Menschen, die heute noch entlang der atlantischen Küste zwischen North Carolina und Florida leben und deren wichtigste Zentren in South Carolina und Georgia liegen. Dieses Erbe lebt in den Erzählungen, Mythen und religiösen Praxen der Gullah Geechee ebenso fort wie in ihren Kunstwerken.

Die Geschichte des Indigoanbaus ist zudem mit dem Land und der Erde verbunden, auf denen die Indigopflanzen wuchsen. Es ist das Land der First Nations, von dem diese durch die europäischen Siedler verdrängt wurden, oft durch Gewalt und manchmal im ungleichen Tausch für ein paar blau gefärbte Baumwollkleider (vgl. Feeser 2013). Nicht zuletzt der Name der Plantage, auf der Eliza Lucas Pinckney ihre Indigoexperimente begann – Wappoo – erinnert an die ursprünglichen Bewohner:innen dieses Landes.


Weiterführende Literatur

Butler, Nick, 2019. Indigo in the Fabric of Early South Carolina. (https://www.ccpl.org/charleston-time-machine/indigo-fabric-early-south-carolina).

Charles Pinckney National Historic Site (U.S. National Park Service ed.), Eliza L. Pinckney Bio.  (https://www.nps.gov/chpi/learn/historyculture/eliza-lucas-pinckney.htm)

Feeser, Andrea, 2024. Above and Beyond Eliza Lucas Pinckney: Slave Expertise and South Carolina Indigo. In: Carlos Marichal and David Pretel (eds.), Colours, Commodities and the Birth of Globalization: A History of the Natural Dyes of the Americas, 1500–2000. London: Bloomsbury Academic. Bloomsbury Collections. Web. 21 Jan. 2025. <http://dx-1doi-1org-17s38jivs0bfe.erf.sbb.spk- berlin.de/10.5040/9781350415812>.

Feeser, Andrea, 2013. Red, White, and Black Make Blue: Indigo in the Fabric of Colonial South Carolina Life. University of Georgia Press.

Picket, Margaret, F., 2016. Eliza Lucas Pinckney. Colonial Plantation Manager and Mother of American Patriots, 1722-1793. 

Pinckney, Elise, 2016. Pinckney, Eliza Lucas. (https://www.scencyclopedia.org/sce/entries/pinckney-eliza-lucas/)

Pinckney, E. L., Pinckney, E., and Zahniser, M. R. (1997). The Letterbook of Eliza Lucas Pinckney. Columbia, SC: University of South Carolina Press.

Ravenel, Harriott Horry, 1896. Eliza Pinckney. Women of Colonial and Revolutionary Times. New York: Charles Sribner’s Sons.

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