Gummiarabikum
Jutta Wimmler
BCDSS Research Group Leader
Das harzähnliche Gummiarabikum war ein für die frühneuzeitliche europäische Textilindustrie äußerst wichtiger und doch eher unsichtbarer Rohstoff. Es diente als Verdickungsmittel für Farbstoffe, wurde aber prominent auch im Textildruck verwendet. Es wurde im 17. und 18. Jahrhundert von versklavten Menschen im senegambischen und mauretanischen Hinterland geerntet und zum Verkauf an die Küste transportiert.
Gummiarabikum ist eine Art Harz, das vor allem von Acacia-Senegal-Bäumen ausgeschieden wird, wenn der harmattan, ein heißer und trockener Wind, zwischen März und Mai durch die Sahara weht. Im 17./18. Jahrhundert reisten nomadische arabo-berberische Hirten, zawaya genannt, regelmäßig in das senegambische und mauretanische Hinterland und ließen die Gummibälle von versklavten Menschen von den Bäumen schaben. Mitten in der Wüste war dies eine sehr harte Arbeit, die zudem gefährlich sein konnte, da die Bäume sehr dornig sind.
Abb. 1: Gummisaft am Stamm eines Akazienbaums (Foto: A. Baindur, 2016, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gum_Arabic_exuding.jpg#file, CC BY-SA 4.0)
Abb. 2: Kügelchen aus Gummiarabikum (Foto: T. A. Eltom, 2011, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gum_Arabic.jpg, CC BY 3.0)
Eine versklavte Person erntete in einer Saison etwa eine halbe Tonne Gummiarabikum. Nach der Ernte bildeten die zawaya Karawanen und ließen die versklavten Menschen den Gummi zur Atlantikküste transportieren. Ihr bevorzugtes Ziel war Portendick im heutigen Westmauretanien. Dort, aber auch an anderen Orten an der Küste verkauften sie das Produkt an europäische Händler*innen.
Wegen seiner Bedeutung für die europäische Textilindustrie führten Frankreich, England, die Niederlande und Preußen an der Küste jahrzehntelang Krieg gegeneinander. An diesen Kriegen waren auch lokale afrikanische Staaten beteiligt, die sich mit verschiedenen europäischen Akteuren verbündeten, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Europäische Handwerker*innen benötigten Gummiarabikum vor allem für den Textildruck, aber auch als Verdickungsmittel für Farbstoffe. Der Anstieg der Gummiimporte ab dem späten 17. Jahrhundert fiel mit dem Anstieg der Indigoimporte aus der Karibik zusammen.
Auch heute noch wird Gummiarabikum in großem Umfang verwendet, z. B. für Klebstoffe oder Malfarben, aber auch in der Lebensmittelindustrie als Stabilisator und Verdickungsmittel, wie etwa als Zutat veganer Gummibärchen. Gummiarabikum ist heute eines der wichtigsten Exportgüter des Sudan.
Weiterführende Literatur
Dalen, Dorrit van, 2019. Gum Arabic: The Golden Tears of the Acacia Tree. Leiden University Press.
Delcourt, André, 1952. La France et les établissements français au Sénegal entre 1713 et 1763: La Compagnie des Indes et le Sénegal. La guerre de la gomme. Cahors: Memoires de l’Institut Français d’Afrique Noire.
Webb, James L. A., 1985. “The Trade in Gum Arabic: Prelude to French Conquest in Senegal.” Journal of African History 26 (2/3): 149–68.
Webb, James L. A., 1995. Desert Frontier: Ecological and Economic Change Along the Western Sahel, 1600–1850.Madison: Univ. of Wisconsin Press.
Wimmler, Jutta, 2019. “From Senegal to Augsburg: Gum Arabic and the Central European Textile Industry in the Eighteenth Century.” Textile History 50 (1): 4–22.