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Verstrickt und verwoben:texturen der abhängickeit

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Indigo

Beatrix Hoffmann-Ihde
BCDSS Exhibition Curator

Als Indigo werden einige Pflanzenarten aus der Gattung Indigofera bezeichnet, die zur Familie der Hülsenfrüchte gehört. Einige Arten enthalten den Farbstoff Indigo, der bereits seit Jahrtausenden zur Herstellung von blauer Farbe verwendet wird. Zugleich bezeichnet Indigo auch diesen Farbstoff selbst, der je nach Intensität und Färbedauer verschiedene Blautöne hervorbringt. Sowohl die Pflanzenarten als auch der Farbstoff, der für die Färbung von Textilien große Bedeutung besitzt, sind in komplexe und vielfach asymmetrische Abhängigkeitsbeziehungen verflochten. Sie ziehen sich über Jahrtausende durch die Geschichte und gleichsam mehrfach um den Globus.

Indigo als Pflanze

Zur Gattung Indigofera gehören mehr als 700 Arten, die weltweit in tropischen und subtropischen Gebieten gedeihen. Ihren Namen verdanken sie dem Farbstoff, der in einigen Arten (z. B. Indigofera tinctoria, Indigofera suffruticosa, Indigofera articulata, Indigofera arreacta) enthalten ist. Die Art Indigofera tinctoria stammt aus Südasien und wurde in Indien schon vor mehreren Tausend Jahren zur Färbung von Textilien verwendet (Abb. 1-3). Von dort gelangte der Farbstoff über Handelskontakte nach Europa, wo er hoch begehrt war und mit Bezugnahme auf seine Herkunft aus Indien den Namen „Indigo“ erhielt. Aber auch aus den Amerikas sind heimische Indigofera-Arten bekannt. Aus Peru stammt auch der bis heute älteste Beleg für Baumwolltextilien, die mit indigoiden Farbstoffen blau gefärbt wurden (vgl. Splitstoser et al. 2016). Sie sind etwa 6.000-6.200 Jahre alt.  

In der Neuzeit besaßen besonders zwei Indigofera-Arten große Bedeutung für die Herstellung der blauen Textilfarbe: Indigofera tinctoria und die aus Mittelamerika/Guatemala stammende Art Indigofera suffruticosa. Durch Handelskontakte und die europäische Kolonialisierung Afrikas, Asiens und der Amerikas fanden sie globale Verbreitung und wurden überall dort angebaut, wo geeignete klimatische Verhältnisse bestanden.

Der Indigoanbau war vielerorts eng mit asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen verknüpft. In der Karibik und Nordamerika wurde Indigo von versklavten Menschen auf Plantagen angebaut. Diese Plantagen gehörten zumeist Europäer:innen oder deren Nachkommen, während die Arbeiter:innen entweder afrikanische Wurzeln hatten oder zur indigenen Bevölkerung der Amerikas gehörten. In Südasien/Bengalen wurde im 19. Jahrhundert die verarmte Landbevölkerung von der britischen Kolonialmacht und deren Handlangern zum Anbau von Indigo gezwungen. Die Kleinbauern mussten dafür ihre besten Anbauflächen nutzen, was zu Lebensmittelknappheit, schweren Hungersnöten und letztlich zum Widerstand gegen den Indigoanbau führte.

Abb. 1: Herbarblatt vom Färberwaid (Isatis tinctoria), Herbarium Haussknecht (JE) (Foto: B. Ihde, 2025).

Abb. 2: Blühende Indigofera tinctoria (Foto: Pancrat 2014, CC BY-SA 3.0).[i]

Abb. 3: Blühende Indigofera suffruticosa (Foto: pisitpong, 2017 / Shutterstock.com).

Indigo als Farbstoff

Der blaue Farbstoff wurde aus der Indigopflanze durch einen mehrstufigen chemischen Prozess gewonnen, der in sogenannten Indigoterien erfolgte. Sie bestanden aus der Anordnung mehrerer miteinander verbundener Becken und einer Anlage zum Trocknen des Farbstoffes (Abb. 4).

Abb. 4: Herstellung von Indigo: „Darstellung einer einfachen Indigoterie, deren Faulungsküpe gefüllt und mit Hölzern belegt, die Schlageküpe aber mit ihren zusammengesetzten Teilen, mit der Schlagestange zu schlagen fertig gemacht ist“. Beauvais Raseau (1772), Die Kunst des Indigobereiters. IV. Kupfer, S. 397.

Zunächst wurden die Blätter oder auch die ganze Indigopflanze in einem mit Wasser gefüllten Behälter eingeweicht und der Fermentierung überlassen. Das Ferment wurde dann in einen nächsten Behälter gefüllt. Dort erfolgte Sauerstoffzufuhr, indem auf die Wasseroberfläche mit Stöcken eingeschlagen wurde. Sie setzte eine Oxidierung in Gang, die zur Ausfällung der enthaltenen Farbpigmente führte. Die Farbpigmente setzten sich am Boden des Behälters als Schlamm ab. Dieser wurde sodann zum Trocknen in Formen gefüllt. Im Ergebnis entstanden sogenannte Kuchen, die sich gut für den Transport verpacken ließen (Abb. 5).

Abb. 5: Indigokuchen: getrockneter und in Würfel gepresster Indigo-Farbstoff (Foto: Shutterstock-ID 1980643148, Lizenz 2024).

In der Karibik und in Nordamerika befanden sich die Indigoterien meist direkt auf den Indigoplantagen. Daher verarbeiteten mehr oder weniger dieselben Personen den Indigo, die ihn zuvor angebaut hatten. Das war in Indien anders: Dort hatten die Indigobäuer:innen nur selten auch mit der Farbstoffgewinnung zu tun. Diese erfolgte in zentralen Indigoterien oder Fabriken, an die die Bauern ihre Indigoernte lieferten (Abb. 6).

Abb. 6: Indigo Fabrik in Indien (Foto: Oscar Mallitte 1877).

Synthetischer Indigo

Seit Ende des 19. Jahrhunderts kann der Indigofarbstoff auch synthetisch hergestellt werden (Abb. 7). Ab 1865 begann Adolf von Baeyer (1835 – 1917), Verfahren zur Synthese von Indigo zu entwickeln, 1878 gelang ihm dabei der Durchbruch. Die Produktion von natürlichem Indigo brach infolgedessen Ende des 19. Jahrhunderts rasant ein. Dies führte zum Ende eines langen Kapitels asymmetrischer Abhängigkeit im Kontext der Indigoproduktion aus pflanzlichen Rohstoffen.

Abb. 7: Chemische Formel für Indigo (Yikrazuul 2008, Public domain, via Wikimedia Commons).

Indigoide Farbstoffe in anderen Pflanzen

Der Farbstoff Indigo ist auch in anderen Pflanzen enthalten. Dazu zählen zum Beispiel der Färberwaid (Isatis tinctoria), der Japanische Indigo (Persicaria tinctoria), auch Färberknöterich genannt, und die Färberhülse (Baptisia tinctoria)(Abb. 8-10).Durch globalisierte Handelskontakte verdrängte der Indigofera-Farbstoff im Laufe der Neuzeit die aus anderen Pflanzen gewonnenen Färbemittel. Entweder war deren Farbintensität deutlich schwächer oder sie konnten unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht mit dem Indigofera-Farbstoff konkurrieren.

Abb. 8: Blütenstand von Färberwaid (Foto: aga7ta / Shutterstock.com).

Abb. 9: Blüte des ‚Wilden Indigo‘, Baptista tinctoria (M. Ruckszio / Shutterstock.com).

Abb. 10: Japanischer Indigo, auch Färber-Knöterich (Persicaria tinctoria) (Foto: High Mountain / Shutterstock.com)


Weiterführende Literatur

Neumüller, Kerstin und Douglas Luhanko, 2020. Indigo. Anbau, Färbetechniken, Projekte. Bern: Hauptverlag.

Splitstoser, Jeffrey C., et al., 2016. Early pre-Hispanic use of indigo blue in Peru. In: Science Advances, Bd. 2.  doi:10.1126/sciadv.1501623.

Steingruber, Elmar, 2004: Indigo and indigo colorants. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH, Weinheim.


[i] https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Indigofera_tinctoria_jd_plt_Paris.jpg

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