Die Herstellung von Indigo
Jutta Wimmler
BCDSS Research Group Leader
Der Anbau und die Aufbereitung von Indigo für den Transport nach Europa war harte Arbeit. Versklavte Männer und Frauen aus Afrika arbeiteten auf den karibischen Plantagen und in den Indigowerken, um die große Nachfrage nach dem blauen Farbstoff in den europäischen Färbereien und Textildruckereien zu befriedigen.
Im Europa der frühen Neuzeit war Indigo vor allem in Form von sehr leichten, wasserunlöslichen „Indigokuchen“ präsent. Aufgrund dieser merkwürdigen Konsistenz war man sich lange Zeit nicht bewusst, dass man es mit einer pflanzlichen Substanz zu tun hatte. Es wurde stattdessen angenommen, dass es sich um ein Mineral handele. Seit dem 17. Jahrhundert pflanzten versklavte Arbeiter*innen afrikanischer Herkunft auf karibischen Plantagen Indigo nicht nur an, sondern produzierten auch diese „Kuchen“. Diese wurden dann nach Europa verschifft und gelangten in europäische Färbereien und Druckereien. Die Techniken zur Herstellung von Indigo wurden von Verfahren aus Asien übernommen und erforderten ein hochgradig ausbeuterisches Arbeitsregime, um einen hohen Ertrag zu erzielen.
Abb. 1: Anbau von Indigo: „Darstellung eines Ackers, der mit dem Rechen bearbeitet wird, um darauf Indigo zu pflanzen.“ und „Darstellung eines Ackers voller Löcher, welche mit der Hacke gemacht worden sind, den Indigo hinein zu pflanzen.“. Beauvais Raseau (1772), Die Kunst des Indigobereiters. IX. Kupfer, S. 412.
Die Abbildung 1 zeigt versklavte Männer, die ein Stück Land mit Hacken und Rechen bearbeiten, während versklavte Frauen Indigosamen in den Boden pflanzen. Die Männer bedecken die Samen mit Erde. Sobald die Pflanzen ausgewachsen sind, ernten sie sie mit Sicheln und binden sie zu Bündeln zusammen, die sie dann zur örtlichen „Indigomühle“ tragen. Die Abbildung 2 zeigt eine dieser „Mühlen“ bzw. Indigowerke. Es handelt sich um drei quadratische Kästen, die kaskadenförmig angeordnet sind. Die Versklavten legten die Pflanze in das erste, mit Wasser gefüllte Becken, wo sie sich durch Fermentierung zersetzt. Die so entstandene Substanz wird in das zweite Becken überführt. Dort müssen die Arbeiter*innen die Flüssigkeit wiederholt „schlagen“ und zum Teil auch stampfen. Im dritten Becken ruht die Flüssigkeit und muss danach abgeseiht werden. So entstehen schließlich die quadratischen Indigokuchen, die von den Versklavten auf Schiffe verladen werden.
Abb. 2: Herstellung von Indigo: „Darstellung einer einfachen Indigoterie, deren Faulungsküpe gefüllt und mit Hölzern belegt, die Schlageküpe aber mit ihren zusammengesetzten Teilen, mit der Schlagestange zu schlagen fertig gemacht ist“. Beauvais Raseau (1772), Die Kunst des Indigobereiters. IV. Kupfer, S. 397.
Die Arbeit in der Indigomühle war nicht nur äußerst anstrengend, sondern auch ungesund. Der Indigo produzierte einen unerträglichen Gestank, der die Luft kilometerweit verpestete. Zeichnungen wie die hier abgebildeten erzählen also nicht die ganze Geschichte: Sie zeigen eine „hygienische“ und idealisierte Version des Prozesses.
Abb. 3: Indigokuchen: getrockneter und in Würfel gepresster Indigo-Farbstoff (Foto: Shutterstock-ID 1980643148, Lizenz 2024).
Weiterführende Literatur
Wimmler, Jutta, erscheint 2025. “Environment and Materials. Extraction and Preparation of Materials.” In Marieke Hendriksen (ed.): A Cultural History of Technology in the Age of Expansion and Enlightenment. London: Bloomsbury Academic.